"Eine seltene Perle im komplexen Universum
der Dokumentarfilme" - Cineman
Unter der strahlenden Sonne Floridas, so das Versprechen, gibt es einen Ort, an dem man sein Leben auf angenehmste Weise um zehn Jahre verlängern kann. Mit 54 Golfplätzen, 96 Swimming-Pools, unzähligen Freizeitanlagen und Clubs sind die Villages eine Art Disneyland für 150‘000 Rentner. Happy Hour beginnt um 11 Uhr vormittags. Bauchtanz, Synchronschwimmen oder Karaoke – die Silver-Ager geniessen den Ruhestand.
«Wir wissen, dass wir in einer Bubble leben», sagt Rentnerin Toni lächelnd, «Aber es ist eine schöne Bubble». Gelegen hinter gut bewachten Eingangstoren, sind die Villages die weltgrösste Seniorenstadt, in der man nie daran erinnert wird, wie alt man ist. Denn wo alle alt sind, existiert das Alter nicht. Friedhöfe, die diesen Eindruck stören könnten, gibt es nicht, und wenn die Ambulanz kommt, wird die Sirene abgeschaltet.
Der Film führt in eine utopisch anmutende Retortenstadt, in der nicht nur alle gleich alt, sondern auch gleich gesinnt sind: grösstenteils weisse Trump-Anhänger. Der künstlichen Welt, in der sich identische Häuschen mit grünen Vorgärten aneinanderreihen, wird die wild-schöne Natur gegenübergestellt, die durch die ständig wachsenden Villages verdrängt wird. Ein Film über eine sich immer stärker zerklüftende Gesellschaft und das Erbe, das die Babyboomer hinterlassen.
Regisseurin Valerie Blankenbyl über THE BUBBLE
«Als ich während meiner Recherchen zum Thema Ruhestand und Alterssegregation Fotos von „The Villages“ sah, war ich sofort fasziniert. In meinen früheren Filmen hatte ich Zeit mit Gruppen von Menschen an mehr oder weniger isolierten Orten verbracht. Was mich interessierte, waren Gemeinschaften, die sich durch gemeinsame Interessen oder Bedürfnisse gebildet hatten. Von veganen Jesus-Gemeinschaften in Sibirien bis hin zu Leihmüttern in Indien - dies waren alles Orte, an denen Menschen eine einzigartige Lebensweise gefunden hatten. Die Villages hatten eine ähnliche Wirkung auf mich. Als ich das erste Mal dort war, war ich überwältigt, wie tadellos alles aussah. Kein Grashalm war fehl am Platz. Alles war sauber und ordentlich, und nun ja: repetitiv. Ich war überrascht, wie freundlich und einladend - und auch glücklich und gesund alle waren. Dennoch begann ich mich zu fragen, zu welchem Preis diese Perfektion kam. Für die umliegenden Gemeinden, die schon da waren, bevor The Villages kam. Für die Umwelt, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes. Wir wissen, dass die meisten von uns sowohl online als auch in der realen Welt in Blasen leben und wir wissen auch, wie ungesund das für uns individuell ist. Wie wird unsere Zukunft aussehen, wenn Alt und Jung sich kaum begegnen? Wenn wir die Bedürfnisse des jeweils anderen nicht kennen? Während der Dreharbeiten in The Villages trieben mich diese Fragen um und brachten mich dazu, diese Gemeinschaft von innen und außen zu betrachten. Ich konnte mich gut in die Dorfbewohner einfühlen, die sich in ihrer neuen Heimat neu erfanden, die sich unter Gleichaltrigen wohlfühlten und die Freunde fanden, die bis zum Ende bei ihnen bleiben würden. Aber ich konnte auch sehr gut mit den Bewohnern des Viertels mitfühlen, die um ihre Umwelt, ihre Kultur und ihr Zuhause kämpfen. Das brachte mich in eine schwierige Situation, sowohl als Filmemacher als auch als Mensch. Ich habe Freunde auf beiden Seiten des Zauns gefunden und hoffe, einen Film geschaffen zu haben, der zwei sehr unterschiedliche Welten miteinander verbindet. Orte wie The Villages sind überall auf der Welt aus dem Boden geschossen, um den wachsenden Bedarf einer ganzen Generation von Rentnern zu decken. Ich denke jedoch, wir müssen uns fragen, ob dies die beste Lösung ist, ob dies wirklich das Beste ist, was wir für unsere Rentner und uns als Gesellschaft tun können.»